Urteile und Rechtssprechung im Zivilrecht, Kaufrecht

AGB: Pauschale "Servicegebühr" bei Eintrittskarte zum Selbstausdrucken unwirksam

Klauseln in den AGB eines Onlineanbieters für Veranstaltungstickets, die Preisnebenabreden enthalten, sind unwirksam und stellen eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners der Verwenders dar, so das OLG Bremen (Beschluss vom 15.06.2017, AZ: 5 U 16/16). Weil hier Kosten einer Tätigkeit auf den Kunden abgewälzt werden, die im eigenen Interesse des Verwenders liegen, verstößt eine entsprechende Klausel gegen § 307 II Nr. 1 BGB. Das OLG Bremen bestätigte damit die vorinstanzliche Entscheidung des LG Bremen, ließ jedoch die Revision zum BGH zu, weil bislang die Frage der Wirksamkeit der Vereinbarung von Entgelten für eine besondere Versendungsart sowie für die Möglichkeit des Selbstausdrucks von Veranstaltungstickets in den AGB eines Telemediendienstes noch nicht höchstrichterlich entschieden ist.

Gewährleistungsausschluss: Auslegung einer „Besichtigungsklausel“

Gewährleistungsausschlüsse, die durch die Wendung „wie besichtigt“ an eine vorangegangene Besichtigung anknüpfen, beziehen sich in aller Regel nur auf die bei der Besichtigung wahrnehmbaren, insbesondere sichtbaren Mängel der Kaufsache (BGH, 06.06.2016, AZ: VIII ZR 261/14). Wird dabei zugleich der Bezug zu einer Besichtigung des Käufers hergestellt, kommt es auf die Wahrnehmbarkeit des Mangels durch ihn, und nicht darauf an, ob eine sachkundige Person den Mangel hätte entdecken oder darauf schließen können oder müssen.

Gebrauchtwagenkauf: Arglistige Täuschung über einen Lenkgetriebeschaden

Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens kann den Käufer über das Vorhandensein eines Lenkgetriebeschadens vorsätzlich getäuscht haben, wenn er diesen Mangel nicht im Zuge des Verkaufes offenbart hat und wenn insofern ein Informationsgefälle vorlag (LG Köln, 17.06.2016, AZ: 2 O 355/14). Denn es müssen Umstände, die für die Willensbildung des anderen Teils offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind, ungefragt offenbart werden. Die Bagatellgrenze ist hier überschritten, wenn die Reparatur des Schadens fast 1/3 des vereinbarten Kaufpreises ausmacht. 

Unerwünschte Werbeanrufe

Ein Werbeanruf ohne vorherige Einwilligung des Adressaten stellt einen Eingriff in den Gewerbebetrieb dar, wenn dieser betriebsbezogen ist (AG Bonn, Urteil vom 26.6.15, AZ: 109 C 348/14). Der Umstand, dass ein Betrieb im Internet oder anderen Verzeichnissen zu finden ist, stellt hierbei keine mutmaßliche Einwilligung zu solchen Anrufen (sog. "Cold Callings") dar. In diesem Zusammenhang ist auch Vorsicht geboten, wenn behauptet wird, der Betrieb werde in einer Datenbank bereits (kostenfrei) gelistet und so der (falsche) Eindruck entsteht, der Betriebsinhaber habe sich zuvor schon einmal bewusst in dieses Verzeichnis eintragen lassen.

Internetanschluss

Der Bundegerichtshof (BGH) hat am 24.1.13 (AZ: III ZR 98/12) entschieden, dass ein DSL-Anbieter seinem Kunden unter Umständen Schadenersatz leisten muss, wenn dessen Internetanschluss – wie hier nach einem Tarifwechsel – unterbrochen wurde und trotz mehrfacher Mahnungen nicht wieder hergestellt wird. Der Kunde kündigte daraufhin den Vertrag und wechselte zu einem neuen Anbieter. Er verlangte von dem (Alt-)Anbieter u.a. den Ersatz der Mehrkosten für den erneuten Vertragswechsel zu dem neuen Anbieter, mit Erfolg. 

Autokauf "fabrikneu"

Angabe "fabrikneu": Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 6.2.13 (AZ: VIII ZR 374/11) bestätigt, dass ein Neuwagenkäufer, der die Entgegennahme des ihm angebotenen Fahrzeuges wegen Karosserie- und Lackmängel ablehnt und deren Beseitigung verlangt, hierdurch nicht seinen Anspruch verliert, dass das Fahrzeug optisch und technisch in einen Zustand versetzt wird, der die beim Kauf schlüssig vereinbarte Beschaffenheit „fabrikneu“ aufweist. Zu entscheiden war die Frage, ob der Käufer vom Kaufvertrag insgesamt zurück treten kann, was der BGH bejaht hatte.

Angabe "HU neu": Soweit in einem privaten Pkw-Kaufvertrag unter „nächste HU“ handschriftlich das Wort „Neu“ eingetragen ist, so ist diese Angabe nach Auffassung des OLG Naumburg (Urteil vom 11.6.14, AZ: 1 U 8/14) keine Beschaffenheitszusicherung. Wenn in einem solchen Vertrag ein Gewährleistungsausschluss vereinbart ist, kann der Käufer keine Ansprüche geltend machen, die im Zusammenhang mit einer Beschaffenheitszusicherung stehen.

Autokauf "Umweltplakette"

In einer weiteren Entscheidung des BGH vom 13.03.2013 (AZ: VIII ZR 186/12) hat dieser entschieden, dass das Vorhandensein einer Umweltplakette an einem Wohnmobil keine Beschaffenheitsvereinbarung darstellt. Hier war der Fall zu entscheiden, dass der Verkäufer im Rahmen der Verkaufsverhandlungen darauf hingewiesen hatte, dass ihm nicht bekannt sei, wann und unter welchen Umständen das Fahrzeug eine (hier gelbe) Umweltplakette erhalten hat, mit der das Fahrzeug bei seinem eigenen Erwerb bereits versehen war und ihm auch keine Umstände bekannt sind, die einer Wiedererteilung der Plakette entgegen stehen könnten. Stellt sich später heraus, so der BGH, dass für das Fahrzeug keine Umweltplakette erteilt werden kann, weil der Motor den maßgeblichen Euronormen nicht entspricht und auch eine Umrüstung nicht möglich ist, kann der Käufer keine Abweichung von der Beschaffenheit des Kaufgegenstandes und deshalb auch keinen Mangel geltend machen. Der Käufer ist hier zum Rücktritt vom Kaufvertrag nicht berechtigt.

Schadenersatz (hier: Mitverschulden bei Schnee- und Glatteisunfall)

Mit Urteil vom 20.6.2013 hat der BGH (AZ: III ZR 326/12) entschieden, dass sich grundsätzlich jeder Verkehrsteilnehmer auf die durch winterliche Witterung entstehenden Gefahren einstellen und im eigenen Interesse der Schadenverhütung die Maßnahmen ergreifen muss, die nach der Gefahrenlage geboten sind. Tut er dies nicht, begründet dies, so der BGH, in der Regel ein Mitverschulden. Ein wesentlicher Verursachungsbeitrag des Geschädigten, der in der Folge zum Ausschluss der Haftung des Verkehrssicherungspflichtigen führen kann, kann angenommen werden, wenn das Handeln des Geschädigten von einer ganz besonderen, schlechthin unverständlichen Sorglosigkeit gekennzeichnet ist. Hierdurch ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass der für die Räum- und Streupflicht Verantwortliche die wesentliche Ursache für einen Unfall setzt, der sich wegen der pflichtwidrig nicht beseitigten Gefahrenlage ereignet.

Fluggastrechte bei Verspätung

Sowohl der EuGH (Urteil vom 26.2.2013, AZ: C-11/11) als auch der BGH (Urteil vom 7.5.2013, AZ: X ZR 127/11) stimmen damit überein, dass Fluggäste bei Annullierung oder Verspätung des Fluges Ausgleichsansprüche gemäß Art. 4 der FluggastrechteVO geltend machen können. Die Gerichte stellen klar, dass sich der Anspruch auf Ausgleichsleistung danach bestimmt, wie viel Verspätung bei der Ankunft am Reiseziel vorlag und nicht, wie groß die Verspätung zum Zeitpunkt des Abfluges war. Hierdurch werden Fluggäste von Anschlussflügen mit Non-Stop-Flügen gleichgestellt. Ein Ausgleichsanspruch besteht bei einer Verspätung von 3 Stunden und mehr am Endziel. Die Höhe des Ausgleichsanspruches richtet sich nach Entfernung des Reiseziels und der insgesamt erlittenen Verspätung.

 

Zur Berechnung der Verspätungszeit entschied der EuGH mit Urteil vom 4.9.14 (AZ: C-452/13) wie folgt: Soweit Fluggäste nach der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vom 11.2.04 Ansprüche wegen Verspätung eines Fluges geltend machen können, so gilt für die Berechnung der Verspätungszeit derjenige Zeitpunkt als maßgebend, in welchem mindestens eine der Flugtüren geöffnet wird.

Flugbeförderung: Informationspflicht vor Annullierung eines Fluges

Ein Luftfahrtunternehmen, das nicht beweisen kann, dass ein Fluggast über die Annullierung seines Fluges mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden ist, hat ihm einen Ausgleich zu leisten. Dies gilt sowohl bei einem unmittelbar zwischen dem Fluggast und der Airline, als auch bei einem über einen Online-Reisevermittler geschlossenen Beförderungsvertrag (EuGH, Urteil vom 11.05.2017, AZ: C-302/16).

Fernabsatzvertrag: Widerrufsbelehrung

Nach der Entscheidung des OLG Frankfurt/M. vom 7.3.14 (AZ: 19 U 275/12) erfüllt eine Widerrufsbelehrung nicht die an eine ordnungsgemäße Belehrung zu stellenden Anforderungen, wenn sie im Prospekt lediglich als Muster bezeichnet wird und damit gegenüber dem Darlehensnehmer die irrige Vorstellung erwecken kann, er werde noch gesondert, etwa bei Vertragsunterzeichnung, die für ihn maßgebliche Belehrung erhalten. Enthält eine Widerrufsbelehrung den Hinweis, dass die Frist für den Widerruf „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ beginnt, so ist nach Ansicht des Gerichtes eine solche Belehrung unzureichend, da sie den Verbraucher nicht eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist aufklärt. Es ist außerdem dem freien Willen des Verbrauchers überlassen, ob und aus welchen Gründen er von einem bei einem Fernabsatzgeschäft bestehenden Widerrufsrecht Gebrauch macht (BGH, 16.03.2016, AZ: VIII ZR 146/15). Ein Ausschluss des Widerrufsrechtes kommt nur ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt besonderer Schutzbedürftigkeit des Unternehmers, wie bei arglistigem oder schikanösen Verhalten des Verbrauchers, in Betracht. 

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